Das Auftreten eines Fehlers wird in der Praxis verstärkt negativ betrachtet und auch so kommuniziert. Speziell Angestellte, die sich mit der Reduzierung von Fehlern beschäftigen oder die Entstehung solcher hinterfragen, stehen oftmals als “Buh-Mann” dar. Kollegen fassen die Thematik negativ auf und fühlen sich persönlich angegriffen. Nicht immer wird die Wichtigkeit sich mit dem Thema “Fehler” zu beschäftigen richtig kommuniziert.
An dieser Stelle scheitert es oftmals an der Fehlerkultur in einem Unternehmen. Erfolgreiche Firmen nutzen die Vorteile einer gut geplanten Fehlerkultur und erhöhen dadurch ihre Produktivität. Bei der Implementierung einer neuen Fehlerkultur setzt man sich mit der Meldung von Fehlern sowie deren Analyse und Optimierung auseinander.
Eine gute Fehlerkultur erfordert einen offenen Umgang mit Fehlern als Quelle für Verbesserungsansätze, dient zur Entdeckung der bestmöglichen Lösung und fördern Innovationen in einem Unternehmen. Der Schwerpunkt dieses Artikels liegt in der praxisnahen und einfachen Darlegung einer richtigen Fehlerkultur. Die wichtigsten Aspekte für die Verbesserung einer Fehlerkultur werden in der nachfolgenden Abbildung anschaulich dargestellt.
Tipps aus der Praxis
Der erste Schritt, um die Fehlerkultur in einem Unternehmen zu verbessern ist zu akzeptieren, dass Fehler existieren. Alle machen Fehler und nur wer nichts tut, macht keine. Nur wenn Fehler wahrgenommen werden, kann im folgenden Schritt reflektiert und analysiert werden, um die Prozesse zu optimieren. Viele neigen dabei zum Streben nach absoluter Fehlerfreiheit, jedoch führt dieser Perfektionismus unweigerlich zur Selbstentmutigung. Deshalb ist ein Paradigmenwechsel notwendig, um gewisse Fehler zu akzeptieren und sich auf die wichtigsten Fehler zu konzentrieren. Nach dem Pareto-Prinzip erzeugen in etwa 20 % der Fehler 80 % der Folgen. Erst wenn Fehler offen in einem Unternehmen akzeptiert werden, können diese untersucht, eingeschätzt und verbessert werden.
Neben der Akzeptanz, dass Fehler existieren, muss auch eine Unternehmenskultur der Bereitschaft zur Verbesserung geschaffen werden. Essentiell für eine erfolgreiche Fehlerkultur ist das Vorleben durch das Management. Mit Fehlern muss konstruktiv umgegangen werden, um den Druck auf Angestellte zu verringern und die Angst davor Fehler zu machen zu reduzieren. Die Sorge etwas falsch zu machen, kann neue Fehler erzeugen, die andernfalls gar nicht passiert wären. Außerdem kann diese Angst dazu führen, dass lieber gar nichts gemacht wird, um keine Fehlern zu riskieren. Deshalb muss die Akzeptanz von Fehlern im ganzen Unternehmen offen kommuniziert und gelebt werden.
Eine optimale Fehlerakzeptanz kann nur durch Sanktionsfreiheit erlangt werden. Fehler zu bestrafen wird oft als Mittel gesehen, um neue Fehler zu vermeiden. Diese Sanktionen haben jedoch große Nachteile. Wenn Angestellte Bestrafungen befürchten, haben sie großes Interesse daran, Fehler zu vertuschen anstatt sie zu melden. Außerdem demotiviert ein derartiges Verhalten die Mitarbeiter und veranlasst sie passiv zu arbeiten, um ja keine Fehler zu machen. Hierbei ist wichtig zu erwähnen, dass formale Sanktionen und Sozialstrafen wie z.B. eine öffentliche Bloßstellung einen sehr ähnlichen Effekt hervorrufen. Fehler werden nur offen angesprochen, wenn die Mitarbeiter keine Angst und kein schlechtes Gefühl haben, sich dabei Selbst zu schaden. Diese Sanktionsfreiheit muss auf allen Ebenen gelebt werden. Geht zwar der Qualitätsmanager konstruktiv mit einer Fehlermeldung um, jedoch stellt die Geschäftsführung den Mitarbeiter an den öffentlichen Pranger, so ist der ganze Aufwand umsonst. Erst wenn das Gesamte Unternehmen Sanktionsfreiheit vertritt, werden Fehler gemeldet und Prozesse können gut analysiert und optimiert werden.
Die Untersuchung eines Fehlers muss unbedingt sachlich geschehen. Werden Angestellte auf Fehler angesprochen, so werden sie oft defensiv, verteidigen sich, vertuschen Details bzw. beschuldigen andere Kollegen, um selbst in einem besseren Licht dazustehen. Für eine objektive Fehleranalyse müssen direkte Vorwürfe und Emotionen minimiert werden. Nur eine sachliche Kommunikation erzielt ein optimales Ergebnis bei der Fehleruntersuchung. Die Fehleranalyse ist nicht alleine die Arbeit des Qualitätsmanagers, sie muss gemeinsam mit den beteiligten Personen stattfinden. Bevor aus Fehlern gelernt werden kann, müssen alle Ursachen genau analysiert werden. Eine regelmäßige Reflexion von Vorgesetzten und Mitarbeitern ist nötig, wie auch eine Nachbesprechung von Projekten. Auch da verschiedene Personen Situationen unterschiedlich beurteilen, sollten mehr Personen mit einbezogen werden. Nur ein gemeinsames Analysieren von Fehlern erzielt optimale Effekte. Nachdem man sich für eine gute Fehlerakzeptanz, eine Sanktionsfreiheit und ein gutes Fehleranalyse-Verfahren entschieden hat, müssen die Mitarbeiter noch überzeugt werden. Eine Umstellung von heute auf morgen ist nicht umsetzbar. Das Management muss den offenen Umgang mit Fehlern vorleben. Die Mitarbeiter werden durch Überzeugungsarbeit und Schulungen zum Mitmachen bewegt. Es empfiehlt sich auch eine jährliche Schulung, um die Fehlerkultur stets weiter zu verbessern und in den Köpfen der Mitarbeiter aktuell zu halten. Wenn die Mitarbeiter mit an Bord sind, steht dem produktiven Umgang mit Fehlern nichts mehr im Wege. Für ein stetiges Fehlerbewusstsein in einem Unternehmen hilft eine kontinuierliche Überwachung von Fehlern und Optimierung der Prozesse. Hierfür eignet sich die Fehlermöglichkeits- und -einflussanalyse. Diese Analyse gibt außerdem einen besseren Einblick in die Risiken von Fehlern, ihren Wahrscheinlichkeiten und Folgen. Eine verbesserte Fehlerkultur wird sich nicht nur positiv auf die Kommunikation von Fehlern aus, sondern ermöglicht durch die Akzeptanz von Fehler eine schnellere Fehlerentdeckung und fördert Lösungsentwicklungen sowie Innovation in einem Unternehmen. Dies führt zu einer Erhöhung der Produktivität entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Abschließend ist nochmals zu betonen, dass eine Veränderung der Fehlerkultur nur Sinn ergibt, wenn dies von der Führungsebene auch vorgelebt wird. Zudem muss diese Kultur kontinuierlich aufrechterhalten werden.
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Comments 1
Find ich gut. Sofern das Unternehmen allerdings eine offene oder verdeckte Restrukturierung fährt, werden Fehler leider gerne zum Anlass für personell gelagerte Sanktionen genommen. Dies wirkt dann natürlich einer echten Freidenkerkultur entgegen und so kommen eben keine kleinen und großen Innovationen zu Stande.