Poka Yoke

Poka Yoke – So gelingt die Null Fehler Produktion

Das Poka Yoke Prinzip ist eine einfache Methode zur Fehlervermeidung. Durch technische Vorkehrungen sollen Produktionsfehler entweder von vorneherein vermieden oder unmittelbar entdeckt und korrigiert werden. Poka Yoke unterstützt das Ziel einer Null-Fehler-Produktion.

Die Entstehungsgeschichte von Poka Yoke


Als Erfinder des Prinzips der Japaner Shigeo Shingō, ein Ingenieur und Mitentwickler des Toyota Produktionssystem. Dabei handelt es sich um System zur Vermeidung von jeder Art von Verschwendung im Produktionsprozess. Der Ausdruck Poka Yoke ist aus dem Japanischen übernommen und bedeutet so viel wie “Unachtsamkeiten vermeiden” (poka= Irrtümer, Unachtsamkeiten; yoke = vermeiden).

Der Ursprung der Entwicklung von Poka Yoke liegt in der statistischen Qualitätskontrolle und der Analyse von Fehlerursachen. Diese empfand Shigeo Shingō jedoch als unbefriedigend, da Fehler im Produktionsprozesse verursacht werden und die Produktprüfung Fehler lediglich finden, nicht aber vermeiden kann. Diese Tatsache ist aus zwei Gründen besonders wichtig:

  1. Viele Fehlerursachen liegen bereits in frühen Phase des Produktionsprozesses. Die Kosten zur Fehlerbeseitigung steigen aber überproportional, je später ein Fehler entdeckt wird. Es ist daher essentiell Fehler möglichst frühzeitig zu entdecken oder präventiv zu vermeiden. (Lesen Sie hier über die Entwicklung der Fehlerkosten im Produktionsprozess und die Rule of Ten)
  2. Bei der Prüfung von Endprodukten handelt es sicher immer um eine nicht-wertschöpfende Tätigkeit. Die Überprüfung von Produkten und die Suche nach Fehlern verursacht immer Kosten, unabhängig davon ob Fehler gefunden werden oder nicht. Es ist daher wichtig Fehler auszuschließen oder sofort zu beseitigen, um die Produktprüfung reduzieren zu können.

Ein weiterer Anstoß für Poka Yoke war die Erkenntnis, dass menschliche Fehlhandlungen eine wesentliche Fehlerquelle in Produktionsprozessen und technischen Systemen sind. Über 70% der Unfälle in technischen Systemen können auf menschliches Versagen zurückgeführt werden. Eine Untersuchung in Japan hat gezeigt, dass ca. 30% aller menschlichen Fehler zufällig auftreten. Das bedeutet, dass dieses menschliche Fehlverhalten unbeabsichtigt ist und unabhängig von der Motivation und dem Training der Mitarbeiter und dem Vorhandensein und der Qualität von Arbeits- und Prozessstandards auftritt. Insbesondere repetitive Aufgaben sind fehleranfällig und bedürfen einer besonderen Gestaltung oder Überwachung um menschliche Fehlhandlungen auszuschließen.

Poka Yoke Systeme werden oft als narrensicher bzw. als idiotensicher bezeichnet. Derartige Bezeichnungen wurden von Shigeo Shingō jedoch abgelehnt, da er sie als respektlos gegenüber den arbeitenden Menschen empfand. Eine treffendere Beschreibung von Poka Yoke Systemen ist fehlhandlungssicher.

Der Nutzen von Poka Yoke


Das Ziel von Poka Yoke ist es, Prozessen und Produkten so zu gestalten, dass Fehler durch menschliche Irrtümer und Unachtsamkeiten ausgeschlossen werden können. Poka Yoke dient zur Überwachung möglicher Fehlerursachen und setzt direkt an dem Punkt der potentiellen Fehlerentstehung an. Fehler werden direkt aufgezeigt und werden nicht an nicht an nachfolgende Arbeitsgänge weitergegeben. So werden teure Fehlerfolgekosten zu einem späteren Zeitpunkt vermieden.

Dazu müssen die Prozesse und Produkte so gestaltet sein, dass die Fehler entweder von vorneherein unmöglich sind oder direkt entdeckt werden. Die Entdeckung von Fehlern führt dann zu einer unmittelbaren Sofortmaßnahme. 100 %-Prüfung und Sofortreaktion sind Kernelemente des Poka Yoke Konzepts. Die Poka Yoke Methodik erfolgt in dem festen Glauben daran, dass alle Fehler vermeidbar sind.

Es werden drei unterschiedliche Kategorien menschlicher Fehler differenziert, die mit Hilfe von Poka Yoke unterbunden werden können: Fehlerhafte Erinnerung, fehlerhafte Wahrnehmung und fehlerhafte Ausführung.

Fehlerhafte Erinnerung:

Diese Fehlerkategorie beinhaltet alle Fehlhandlungen die durch eine fehlerhafte Erinnerung ausgelöst werden. Dies beinhaltet das Auslassen von Arbeitsschritten, wie das Einlegen oder Entnehmen von Teilen, das Betätigen von Knöpfen und Schaltern, die Durchführung von Messungen und Aufzeichnungen. Ebenso beinhaltet es dies die Durchführung von Arbeitsschritten in der falschen Reihenfolge, von einer fehlerhafteren Anzahl von Wiederholungen und die Durchführung zum falschen Zeitpunkt. Auch die unautorisierte Durchführung von Prozessschritten fällt in diese Kategorie.

Fehlerhafte Wahrnehmung:

Diese Kategorie beinhaltet halte Fehler die auf eine fehlerhafte Wahrnehmung des ausführenden Mitarbeiters zurückzuführen sind. Dies umfasst die fehlerhafte Auswahl von Arten und Mengen von Material oder Teilen. Es beinhaltet Fehler in der Wahrnehmung von Zuständen, z.B. beim Ablesen von Verfahrensanweisungen, Aufzeichnungen und Messgeräten sowie der fehlerhaften Einschätzung von Gefahrensituationen.

Fehlerhafte Ausführung:

Dies Kategorie beinhaltet alle Fehler die auf eine fehlerhafte Ausführung von Arbeitsgängen zurückzuführen sind. Dies kann z.B. das fehlerhafte Halten, Positionieren oder Fixieren von Material und Werkzeug beinhalten. Auch das unbeabsichtigte beschädigen von Werkstücken, z.B. durch Fallenlassen, fällt in diese Kategorie.

Die Umsetzung von Poka Yoke


Poka Yoke wird häufig erst als reaktive Maßnahme zur Vermeidung von wiederkehrenden Fehlern eingesetzt. Poka Yoke Maßnahmen nachträglich in bestehende Systeme oder Prozesse zu integrieren ist häufig es mit Aufwand und Kosten verbunden. Es ist in der Regel kostengünstiger bereits in der Planung der Systeme und Prozesse mögliche Fehler zu berücksichtigen.

Grundsätzlich erfolgt die Umsetzung von Poka Yoke Maßnahmen in drei Schritten:

  1. Problemanalyse
  2. Generierung und Bewertung von Ideen
  3. Umsetzung und Bewertung

1. Schritt zu Poka Yoke Maßnahme: Problemanalyse


Bevor eine Poka Yoke Maßnahme ergriffen werden kann ist eine Analyse der Fehlerursache notwendig. Dazu ist es notwendig die Kausalketten nachzuvollziehen, die einen Fehler verursacht. Häufig sind Fehlerursachen weniger offensichtlich als zunächst angenommen. Es ist wichtig zwischen Ursache und Wirkung zu differenzieren. Dazu bietet sich unter anderem die 5 Why Methode oder das Ishikawa Diagramm an. (Lesen Sie hier mehr zu der 5 Why Methode und dem Ishikawa Diagramm). Ist es aufgrund des Fehlers bereits zu Kundenreklamationen gekommen, können ggfs. die dazu erstellten 8D Reporte wichtige Informationen beinhalten (Lesen Sie hier mehr zum 8D Report ).

Insbesondere wenn Poka Yoke Maßnahmen zur präventiven Fehlervermeidung ergriffen werden sollen, bietet sich eine Analyse potentieller Fehler analog zu Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse (FMEA) an (Lesen Sie hier mehr zur FMEA).

Insgesamt ist bei der Fehleranalyse darauf zu achten, dass sich Poka Yoke Maßnahmen besonders dann eignen, wenn menschliche Eingriffe in den Prozess oder das System notwendig sind und es dadurch zu Unachtsamkeiten und Irrtümern kommen kann.

2. Schritt zur Poka Yoke Maßnahme: Generierung und Bewertung von Ideen


Im Idealfall wird durch eine Poka Yoke Maßnahme ein Fehlhandlungen von vornherein vollständig ausgeschlossen. Ein klassisches Beispiel aus dem Alltag: Aus Geldautomaten kann das Geldes erst nach der EC-Karte entnommen werden. Dies ist eingeführt worden, da regelmäßig die EC-Karten im Geldautomaten vergessen wurden.

In vielen Produktionssystemen ist es nicht möglich sämtliche Fehlhandlungen vollständig auszuschließen. Poka Yoke Maßnahmen zeichnen sich daher vielfach dadurch aus, dass der Fehler während oder unmittelbar nach der Fehlhandlung entdeckt wird. Diese Maßnahmen zeichnen sich dabei in der Regel durch drei unterschiedlich Mechanismen aus, die bereits von Shigeo Shingō vorgeschlagen wurden: Detektions-, Auslöse- und Regulierungsmechanismen.

Detektionsmechanismen

Der Detektionsmechanismus beschreibt mit welchen Hilfsmitteln der Produktionsprozess überwacht wird. Dies beinhaltet in der Regel Sensoren und Sensorsysteme sämtlicher Ausprägungen:

  • Sensoren zur Identifikation und Lokalisation von Objekten wie Barcode- und RFID-Lesegeräte,
  • Sensoren für Form, Dimension, Druck, Temperatur, Farbe, Vibration, Strom etc.,
  • Zähler und Instrumente zur Zeitüberwachung,
  • End- und Näherungsschalter

Auslösemechanismen

Der Auslösemechanismus beschreibt, anhand welcher Logik ein Fehler im Fertigungsprozess erkannt wird. In der Regel handelt es sich dabei um einen Soll-Ist-Abgleich. Hier werden im wesentlichen drei Methoden unterschieden:

Kontaktmethode

Die Kontaktmethode erkennt in Abhängigkeit in von dem verwendeten Sensor die unzulässige Abweichung vom Soll-Zustand. Dadurch kann einen fehlerhaft verwendeten Bauteil oder eine fehlerhafte Form, Gewicht oder Geometrie etc. identifiziert werden. Die Bezeichnung Kontaktmethode ist durch den technischen Fortschritt irreführend. Abhängig von dem Sensor kann die Kontrolle auch berührungslos erfolgen.

Fixwertmethode

Die Fixwertmethode bietet sich vor allem in Prozessen an, die sich aus mehreren aufeinander folgenden Arbeitsschritten zusammensetzen. Es wird die Anzahl der der Durchgeführten Teilschritte am Ende des Prozesses überprüft. Stimmt die gezählte Anzahl mit der geforderten Anzahl nicht überein, liegt ein Fehler vor. Es kann z.B. auch ein Fehler dadurch erkannt werden, dass nicht die geforderte Anzahl an Montageteilen verbaut wurde.

Schrittfolgemethode

Die Schrittfolgemethode deckt Fehler mit Hilfe der Kontrolle von Standardbewegungsabfolgen auf. Mit Hilfe von Näherungssensoren ist es z.B., möglich Bewegungsabläufe zu überprüfen und Abweichung vom Soll-Ablauf zu ermitteln. Auch das obenstehende Beispiel mit der EC-Karte folgt der Schrittfolgemethode.

Regulierungsmechanismen

Die Regulierungsmechanismen geben vor, auf welche Art in den Prozess eingegriffen wird, sobald eine Fehlhandlung identifiziert wurde. Dazu gibt es grundsätzlich zwei Ansätze, die Eingriffsmethode und die Alarmmethode.

Bei der Eingriffsmethode wird der aktuelle Vorgang gestoppt, so dass der Fehler korrigiert werden kann. Ohne Fehlerkorrektur ist eine Fortsetzung des Prozesses nicht möglich. Bei der Alarmmethode wird durch optische oder akustische Signale auf drohende Fehler hingewiesen.

Durch die Kombination dieser drei Mechanismen wird gewährleistet, dass Fehlhandlungen während der Prozesse identifizierte und Fehler so entweder vermieden oder sofort entdeckt und korrigiert werden. So wird ausgeschlossen, dass Fehler an den nächsten Produktionsschritt übergeben werden. Eine aufwendige und kostenintensive Fehlerbehebung in einer späteren Phase des Produktionsprozesses entfällt somit.

Um Ideen für Poka Yoke Maßnahmen zu generieren ist es sinnvoll die Fehlerursache mit den drei Mechanismen abzugleichen um eine geeignete Lösung zu finden. Dazu bietet sich auch der Einsatz gängiger Kreativitätstechniken an. Im Anschluss sollten die Ideen insbesondere unter den folgenden Gesichtspunkten bewertet und priorisiert werden:

  • Wie aufwendig und kostenintensiv ist die Umsetzung der Idee?
  • Welche zeitlichen und personellen Ressourcen werden benötigt?
  • Führt die Idee möglicherweise zu weiteren unbeabsichtigten Konsequenzen oder Wechselwirkungen?

3. Schritt zur Poka Yoke Maßnahme: Umsetzung und Bewertung


Im Idealfall wird eine Poka Yoke Maßnahmen bereits während der Prozessplanung berücksichtigt, so dass sie nicht nachträglich eingeführt werden muss. Vor der Umsetzung der Maßnahmen ist es wichtig, eine konkrete Erwartungshaltung zu formulieren. Nach der Umsetzung muss die Poka Yoke Maßnahmen zunächst überwacht und der Effekt gemessen werden. Stimmt der gemessene Effekt mit der Erwartungshaltung überein, war die Poka Yoke Maßnahme ein Erfolg.

Im Besten Falle kann das Auftreten des der Fehler in Zukunft vollständig ausgeschlossen werden. So sind Sie dann mit Poka Yoke Ihrem Ziel einer Null Fehler Produktion einen Schritt nähergekommen.

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